Jörg Hammer
Jörg Hammer (* 27. Februar 1958 in Angermünde; † 28. Februar 2019 in Hannover) war ein deutscher Geologe an der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover und Hochschullehrer an der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hammer wurde 1958 in Angermünde in der Uckermark als Sohn von Brigitte und Reinhard Hammer geboren und wuchs zusammen mit einer Schwester und einem Bruder in Schwedt/Oder auf. Nach dem Abitur begann er ein Studium der Geologie am Bergbauinstitut in Leningrad in der Sowjetunion (heute Staatliche Bergbau-Universität Sankt Petersburg in Sankt Petersburg, Russland), welches er 1982 als Montangeologe „mit Auszeichnung“ abschloss. Anschließend trat er eine Stelle als Assistent am Mineralogischen Institut der Bergakademie Freiberg (heute Technische Universität Bergakademie Freiberg) an und wurde 1986 bei Hans Jürgen Rösler mit einer Arbeit über die „Geochemie ausgewählter Elemente und deren Bindungsverhältnissen im Kupferschiefer der Sangerhäuser Mulde“[1] mit „summa cum laude“ promoviert. Im Anschluss an die Promotion wechselte er an das Institut für Geowissenschaften der Universität Greifswald und habilitierte sich 1995 wiederum an der TU Bergakademie Freiberg mit einer Arbeit über „Geochemie und Petrogenese der cadomischen und spätvariszischen Granitoide der Lausitz“[2].
Von 1996 bis 2002 leitete er ein Forschungsvorhaben zum Schadstoffrückhaltevermögen in der Deponie Schönberg/Ihlenberg. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden im Band 9 des „Handbuchs zur Erkundung des Untergrundes von Deponien und Altlasten“[3] publiziert.
Seit 2002 war Jörg Hammer als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) tätig und folgte hier im Jahre 2008 Otto Bornemann[4] als Referats- und später als Arbeitsbereichsleiter.
Jörg Hammer starb nach kurzer Krankheit am 28. Februar 2019 in Hannover.
Forschungsarbeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Hauptarbeitsgebiet von Jörg Hammer war die Erkundung salinarer Strukturen, die strukturgeologische und stoffliche – d. h. mineralogisch-geochemische – Untersuchung, Charakterisierung und Bewertung von möglichen Standorten zur Endlagerung radioaktiver Abfälle in den Wirtsgesteinen sowie die Analyse und Bewertung der Barriereeigenschaften dieser Gesteinskomplexe. Damit war er einer der ganz wenigen in der Endlagerforschung tätigen Geologen, die umfassende Kenntnisse und praktische Erfahrungen mit allen drei Wirtsgesteinstypen Steinsalz[5][6][7][8][9][10], Tonstein[3][11] und Kristallin[12][13][14][15][16] haben.
Hammer war maßgeblich an allen wichtigen geologischen Arbeiten der BGR für Endlagervorhaben der Bundesrepublik Deutschland beteiligt und prägte mit seiner Expertise die Methodik der geologischen Charakterisierung und Bewertung von Endlagergesteinsformationen. Für das in Deutschland laufende Standortauswahlverfahren sind seine Arbeiten auch weiterhin unverzichtbar.[17] Auch im internationalen Maßstab erfuhr Jörg Hammer Anerkennung und Wertschätzung, insbesondere für seine wissenschaftlichen Beiträge und für sein stetes Bemühen um die internationale Einbindung der russischen Kollegen. Er engagierte sich vor allem bei der Entwicklung der deutsch-russischen Zusammenarbeit zur Endlagersicherheitsforschung, zuletzt als deren Fachkoordinator im Auftrag des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.[17]
Forschungsergebnisse so schnell wie möglich zu veröffentlichen gehörte zu den Selbstverständlichkeiten im wissenschaftlichen Leben von Jörg Hammer. Mehr als 100 Publikationen, zahlreiche Forschungsberichte und Fachvorträge sind Beleg für sowohl seine Forschungstätigkeit als auch für seinen unermüdlichen Publikationseifer, der bis in den populärwissenschaftlichen Bereich[18] hineinreichte.
Ein wichtiges Anliegen für Jörg Hammer war die Nachwuchsförderung. Seine Projektarbeiten fanden häufig in enger Kooperation mit Universitäten und Hochschulen statt, wobei er großen Wert auf die Beteiligung von jungen Absolventen legte, die er so an die wichtige Thematik der Endlagerforschung heranführte. Dazu nutzte er auch den direkten Kontakt bei der universitären Lehre und Forschung. Noch Ende 2018 hatte Hammer einen Lehrauftrag für Ingenieurgeologie am Institut für Geologie der Leibniz Universität Hannover angenommen. Auf diese Weise entstand eine Schule junger Geowissenschaftler, welche ihre Arbeiten in seinem Sinne weiterführen.
Hammer war Mitveranstalter einer Reihe von internationalen Tagungen. Dazu gehörte z. B. die „GeoHannover 2012“[8][19], die vom 1. bis 3. Oktober 2012 in der Leibniz Universität Hannover stattfand, und in deren Ergebnis er als Gasteditor zusammen mit Gernold Zulauf den Band „Salt rocks : composition, structure and deformation behaviour“ der Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften[8] veröffentlichte. Eine weitere solche internationale Tagung war die „9th Conference on the Mechanical Behavior of Salt“ (SaltMech IX)[20], die vom 12. bis 14. September 2018 in der BGR Hannover durchgeführt wurde und für deren 2018 publizierte Proceedings[21] er ebenfalls Mitherausgeber war. Seit 2018 war er außerdem Mitherausgeber der Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ralph Watzel, Sandra Fahland, Stefan Heusermann, Jürgen Krone, Gernold Zulauf: Jörg Hammer 1958–2019. In: GMIT Geowissenschaftliche Mitteilungen. Band 76, Juni 2019, 2019, ISSN 1616-3931, S. 122.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Traueranzeige, veröffentlicht in der Märkischen Oderzeitung am 10. März 2019
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Jörg Hammer: Zur Geochemie ausgewählter Elemente und zu deren Bindungsverhältnissen im Kupferschiefer der Sangerhäuser Mulde (unveröffentlichte Dissertation A). Institut für Mineralogie, Bergakademie Freiberg, Freiberg i. Sa. 1986, S. 1–121.
- ↑ Jörg Hammer: Geochemie und Petrogenese der cadomischen und spätvariszischen Granitoide der Lausitz. In: Freiberger Forschungshefte. Reihe C Geowissenschaften, Paläontologie. Band 463. TU Bergakademie, Freiberg 1996, ISBN 3-86012-022-0, S. 1–107.
- ↑ a b Jörg Hammer: Quartäre Sedimente als geologische Barrieren. In: Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.): Handbuch zur Erkundung des Untergrundes von Deponien und Altlasten. 1. Auflage. Band 9. Springer, Berlin, Heidelberg u. a. 2014, ISBN 978-3-540-43684-3 (499 S.).
- ↑ Michael Schramm, Jörg Hammer: OTTO BORNEMANN (1943–2010). In: Geologia. Band 37, Nr. 2, 2019, S. 339–342 (edu.pl [PDF; 123 kB; abgerufen am 10. August 2019]).
- ↑ Otto Bornemann, Joachim Behlau, Reinhard Fischbeck, Jörg Hammer, Werner Jaritz, Siegfried Keller, Gerhard Mingerzahn, Michael Schramm: Ergebnisse der über- und untertägigen Erkundung des Salinars. Standortbeschreibung Gorleben, Teil 3. In: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe und Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (Hrsg.): Geologisches Jahrbuch. Reihe C, Nr. 73. Schweizerbart, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-510-95964-8 (211 S.).
- ↑ Otto Bornemann, Joachim Behlau, Reinhard Fischbeck, Jörg Hammer, Werner Jaritz, Siegfried Keller, Gerhard Mingerzahn, Michael Schramm: Results of the geological surface and underground exploration of the salt formation. Description of the Gorleben site, Part 3. Hrsg.: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe und Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie. 1. Auflage. BGR, Hannover 2008, ISBN 978-3-9813373-6-5 (englisch, 223 S.).
- ↑ Jörg Hammer, Stephanie Fleig, Gerhard Mingerzahn, Tatjana Kühnlenz, Michael Mertineit, Maximilian Pusch, Michael Schramm, Joachim Behlau, Britta Zaretzki, Jürgen Hesser, Hua Shao, Angelika Köthe, Peter Vogel: Salzgeologische Bewertung des Einflusses von „kryogenen Klüften“ und halokinetischen Deformationsprozessen auf die Integrität der geologischen Barriere des Salzstocks Gorleben : Bericht zum Arbeitspaket 2 (erstellt von BGR). Vorläufige Sicherheitsanalyse für den Standort Gorleben. Hrsg.: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. 1. Auflage. GRS, Nr. 273. Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, Köln, Garching b. München, Berlin, Braunschweig 2014, ISBN 978-3-939355-49-6 (86 S., grs.de [PDF; 6,3 MB; abgerufen am 10. August 2019]).
- ↑ a b c Jörg Hammer, Gernold Zulauf: Editorial. In: Jörg Hammer, Gernold Zulauf (Hrsg.): Salt rocks : composition, structure and deformation behaviour. Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften (Konferenzschrift). Band 165, Nr. 1. Schweizerbart, Stuttgart 2014, S. 1 (englisch, 122 S.).
- ↑ Klaus Reinhold, Jörg Hammer: Steinsalzlager in den salinaren Formationen Deutschlands. In: Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften. Band 167, Nr. 2/3, 2019, S. 167–190, doi:10.1127/zdgg/2016/0067 (englisch).
- ↑ Wilhelm Bollingerfehr, Niklas Bertrams, Dieter Buhmann, Ralf Eickemeier, Sandra Fahland, Wolfgang Filbert, Jörg Hammer, Jonathan Kindlein, Markus Knauth, Wenting Liu, Wolfgang Minkley, Jörg Mönig, Till Popp, Sabine Prignitz, Klaus Reinhold, Eric Simo, Tatjana Thiemeyer, Eike Völkner, Jens Wolf: KOSINA - Concept developments for a generic repository for heat-generating waste in bedded salt formations in Germany. BGE TECHNOLOGY GmbH, Peine, 2018, S. 1–116, abgerufen am 29. April 2020 (englisch).
- ↑ Tilo Kneuker, Jörg Hammer, Hua Shao, Kristof Schuster, Markus Furche, Gernold Zulauf: Microstructure and composition of brittle faults in claystones of the Mont Terri rock laboratory (Switzerland): New data from petrographic studies, geophysical borehole logging and permeability tests. In: Engineering Geology. Band 231, 2017, S. 139–156, doi:10.1016/j.enggeo.2017.10.016 (englisch).
- ↑ Vladislav Petrov, Valery Poluektov, Jörg Hammer, Sergey Schukin: Fault-related barriers for uranium transport. In: Broder J. Merkel, Andrea Hasche-Berger (Hrsg.): Uranium, Mining and Hydrogeology. Springer, Berlin, Heidelberg 2008, ISBN 978-3-540-87745-5, S. 779–790, doi:10.1007/978-3-540-87746-2_101 (englisch, researchgate.net [PDF; 870 kB; abgerufen am 10. August 2019]).
- ↑ Michael Jobmann (Editor), Dirk-Alexander Becker, Jörg Hammer, Steffen Jahn, Andree Lommerzheim, Nina Müller-Hoeppe, Ulrich Noseck, Jürgen Krone, Jan Richard Weber, Axel Weitkamp, Jens Wolf: Projekt CHRISTA. Machbarkeitsuntersuchung zur Entwicklung einer Sicherheits- und Nachweismethodik für ein Endlager für Wärme entwickelnde Abfälle im Kristallingestein in Deutschland. 1. Auflage. DBE Technology GmbH, Peine 2016, doi:10.2314/GBV:873762959 (124 S., tib.eu [PDF; 5,0 MB; abgerufen am 10. August 2019]).
- ↑ Irina Vlasova, Vladimir Petrov, Natalia Kuzmenkova, Artem Kashtanov, Vladislav Petrov, Valery Poluektov, Stepan Kalmykov, Jörg Hammer: Sorption of radionuclides on the rocks of the exocontact zone of Nizhnekansky granitoid massif. In: MRS Advances (Scientific Basis for Nuclear Waste Management XXXIX). Band 1, Nr. 61, 2016, S. 4061–4067, doi:10.1557/adv.2017.190 (englisch, researchgate.net [PDF; 724 kB; abgerufen am 10. August 2019]).
- ↑ Anastasiya A.Rodionova, Vladimir G. Petrov, Irina E. Vlasova, Stepan N. Kalmykov, Vladislav A. Petrov, Valery V. Poluektov, Jörg Hammer: The radionuclide distribution onto different mineral phases of the rocks of the exocontact zone of Nizhnekansky granitoid massif. In: Perspectives in Science. Band 12, 2019, S. 100406, doi:10.1016/j.pisc.2019.100406 (englisch, elsevier.com [PDF; 955 kB; abgerufen am 10. August 2019]).
- ↑ Vladimir G. Petrov, Irina E. Vlasova, Anastasiya A. Rodionova, Vasily O. Yapaskurt, Vadim V. Korolev, Vladislav A. Petrov, Valery V. Poluektov, Jörg Hammer, Stepan N. Kalmykov: Preferential sorption of radionuclides on different mineral phases typical for host rocks at the site of the future Russian high level waste repository. In: Applied Geochemistry. Band 100, 2019, S. 90–95, doi:10.1016/j.apgeochem.2018.11.007 (englisch, researchgate.net [PDF; 1,3 MB; abgerufen am 10. August 2019]).
- ↑ a b Ralph Watzel, Sandra Fahland, Stefan Heusermann, Jürgen Krone, Gernold Zulauf: Jörg Hammer 1958–2019. In: GMIT Geowissenschaftliche Mitteilungen. Band 76, Juni 2019, 2019, ISSN 1616-3931, S. 122.
- ↑ Michael Schramm, Jörg Hammer: Das Stein gewordene Salz der Meere. Wie sich Salzlagerstätten bilden, verbreiten und aufbauen. In: Mikel Landa, Luke Duggleby (Hrsg.): Salz der Erde. 1. Auflage. Mareverlag, Hamburg 2015, ISBN 978-3-86648-224-1, S. 336 (348 S.).
- ↑ GeoHannover 2012. In: schweizerbart.de. Deutsche Gesellschaft für Geowissenschaften, abgerufen am 10. August 2019.
- ↑ 9th Conference on the Mechanical Behavior of Salt. In: saltmech.com. SaltMech IX, abgerufen am 10. August 2019 (englisch).
- ↑ Sandra Fahland, Jörg Hammer, Frank Hansen, Stefan Heusermann, Karl-Heinz Lux, Wolfgang Minkley: Foreword. In: Sandra Fahland, Jörg Hammer, Frank Hansen, Stefan Heusermann, Karl-Heinz Lux, Wolfgang Minkley (Hrsg.): The Mechanical Behavior of Salt IX. Proceedings of the 9th Conference on the Mechanical Behavior of Salt (SaltMech IX), Hannover, Germany, 12-14 September 2018. 1. Auflage. Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), Hannover 2018, ISBN 978-3-9814108-6-0, S. 3 (englisch, 1024 S.).
Personendaten | |
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NAME | Hammer, Jörg |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Geologe und Hochschullehrer |
GEBURTSDATUM | 27. Februar 1958 |
GEBURTSORT | Angermünde |
STERBEDATUM | 28. Februar 2019 |
STERBEORT | Hannover |